Hubert Kotte: Schwimmikone des Ostallgäus

Ein Leben für das Wasser

25 Meter lang ist das Revier von Hubert Kotte. Wie ein Tiger dreht er seine Runden am Beckenrand. Auf und ab. Seit Jahrzehnten nimmt er Kindern die Angst vor dem ersten Sprung am Beckenrand. Talentierten Nachwuchs trimmt er bis an die Weltspitze. Das Kind aus dem Osten, später „Hamburger Jung“, das langfristig im Süden Deutschlands sesshaft geworden ist – eine im wahrsten Sinne bewegte Kindheit, nicht nur des Schwimmsports wegen. 

Als Junge, erinnert sich der heute 84-Jährige, wuchs er in der Stadt Zeitz in Sachsen-Anhalt auf. Dort war er den ganzen Sommer über im Freibad anzutreffen und sammelte seine ersten Erfahrungen im Wasser. Im Schwimmverein war er bereits ab dem Alter von acht Jahren. Er trainierte so lange, bis er mit 14 Jahren schließlich auch in den Wettkampfsport wechselte. „Damals gab es noch den sogenannten innerdeutschen Sportverkehr zwischen der BRD und der DDR“, erinnert sich Hubert Kotte. „Da schwammen Teams wie Neuwied gegen die SG Berlin Schöneberg.“ Der Zeitzer Schwimmclub trat unter anderem gegen Hamburg an. 1960 ein sehr großer Erfolg: Hier wurde das langjährige und harte Training belohnt und Kotte wurde in Cottbus Meister im Brustschwimmen über 200 Meter. Hamburger Agenten (Scouts, wie man sie heute nennt) erkannten Huberts Talent und wollten ihn in ihr Team aufnehmen. Da Huberts Schwester zu dieser Zeit bereits in Hamburg lebte und er schon länger mit dem Gedanken spielte, zum TUS-Verein Hamburg-Harburg zu wechseln, verließ er seine Heimat noch vor dem Mauerbau 1961 und zog schließlich nach Hamburg. Vier Jahre verbrachte der „Hamburger Jung“ in seiner Wahlheimat. 

1963 änderte sich nochmal einiges: Hubert lernte in Bayern die Liebe seines Lebens kennen. 1964 heiratete er Elfriede und blieb von da an im Süden – bis heute. Das Einzige, was Hubert wirklich vermisste, waren öffentliche Hallenbäder in der Region – lediglich in Hotels und Pensionen gab es zugängliche Becken. 1967 wurde dann glücklicherweise das Marktoberdorfer Hallenbad gebaut. Kotte war natürlich sofort vor Ort, war bei der Gründung des TSV dabei und übernahm die Rolle des sportlichen Leiters. Auch selbst noch sehr aktiv, bestritt er in dieser Zeit einige Wettkämpfe. Der heute 84-Jährige räumte damals viele Titel ab, unter anderem wurde er viermal Allgäuer und einmal schwäbischer Meister. An der Technischen Universität München (TU) absolvierte Hubert seine Ausbildung zum Schwimmlehrer. 

1973 wurde das Füssener Hallenbad eröffnet. Hubert war zu dieser Zeit schon gut bekannt und wurde kurzerhand Schwimm- bzw. Bademeister, nach erfolgreich abgelegter Prüfung. In Füssen bildeten sich nach und nach gute Schwimmer und Kader heraus, die ebenfalls sehr erfolgreich waren: Die Damen schwammen 1980 in der 2. Bundesliga mit, darunter z. B. Petra Haußmann aus Schwangau – die damals 18-Jährige wurde gesamtdeutsche Meisterin 1990 im Olympiabad in München über 400 Meter Lagenschwimmen. Der damalige Füssener Bürgermeister Dr. Paul Wengert fuhr eigens nach München, um die Siegerehrung persönlich vorzunehmen. Haußmann belegte danach bei der WM in Perth (Australien) den fünften Rang als beste europäische Schwimmerin. Auch dem aus Füssen stammenden Willi Baumgartner gelang es 1979 im Freistil, einen deutschen Titel an den Lech zu holen. Insgesamt 28 bayerische Titel gab es für die erfolgreichen Frauenstaffeln der TSG, unter anderem mit Petra Haußmann, Anke Kotte, Daniela Teufele und Angi Toleti. 

Wasser – das Element allen Lebens und doch nicht jedermanns Sache 

Schwimmlehrer Hubert Kotte bringt seit Jahrzehnten Kindern und Jugendlichen den Schwimmsport näher – und das mit Erfolg. Es ist der erste Meilenstein auf dem Weg zur Selbstständigkeit.

Wenn Hubert Kotte heute am Wochenende einkaufen geht, dauert es durchaus auch einmal länger: Das liegt daran, dass man ihn im Ostallgäu überall kennt – und zwar Klein und Groß. Aber das ist auch kein Wunder, denn er hat ihnen allen das Schwimmen gelehrt! Über Generationen hinweg machten beim Kult-Trainer viele ihre ersten Erfahrungen mit dem kühlen Nass. Die Materie H₂O ist nämlich diejenige, der Hubert sein Leben verschrieben hat und die ihn bis heute fasziniert! Doch nicht nur über Bestzeiten, wie damals die von Petra Haußmann oder Bettina Fritz, freut sich der Schwimmtrainer sondern auch über viele kleinere Erfolge. Das Größte für ihn ist es, zu sehen, dass er einem Kind die Angst vor dem Wasser nehmen kann – die Freude und Erleichterung, wenn diese dann endlich stolz ihr Seepferdchen-Abzeichen präsentieren können. 

„Das ist für mich wirklich das Schönste – wenn du es schaffst, einem ängstlichen Kind die Angst zu nehmen und es dann von alleine ins Wasser springt und die Furcht überwunden ist.“ 

Der erste Kontakt mit dem Medium Wasser 

Laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sind auch im Jahr 2024 die Zahlen wieder erschreckend hoch, wie viele Unfälle es in Zusammenhang mit Nichtschwimmern gab. Laut Hubert Kotte ist es ratsam, bereits im Säuglings- und Kleinkindalter mit den ersten Wassererfahrungen zu beginnen – und zwar mit einem Babyschwimmkurs. Wasserspiele und Wassergymnastik werden ab dem vierten bis zum 18. Lebensmonat in vielen Bädern angeboten. „Dort lernen die Kleinsten von Anfang an, dass Wasser etwas Wunderbares ist, ein Medium, mit dem man Spaß haben und sich abkühlen oder aufwärmen kann. Und zudem sind in solchen Kursen Mama oder Papa mit dabei!“ Als nächster Schritt empfiehlt sich ein früher Schwimmkurs, ziemlich direkt im Anschluss an das Babyschwimmen. „Im Alter von drei bis fünf Jahren kommen die meisten Kinder in meine Schwimmkurse; nach mindestens zehn Praxisstunden werden die Kinder aber erst zum Seepferdchen zugelassen. Schwimmflügel sind bei vielen Kindern ein gängiges Hilfsmittel, sollten aber zu einem gewissen Zeitpunkt abgelegt werden.“, schmunzelt Hubert Kotte. „Besser sind Hilfsmittel wie Hüftgurte oder Schwimmwesten, die den Körperschwerpunkt an der Wasseroberfläche halten und für eine bessere Wasserlage sorgen.“ 

Mit vielen unterschiedlichen Spielformen sorgt der „Kapitän“, wie der ehemalige Hamburger sich selbst nennt, für Abwechslungsreichtum und eine spielerische Annäherung an die Schwimmbewegungen. „Fischer, Fischer, wie tief ist das Wasser?“ ist hierbei ein beliebtes Spiel. Ebenso werden Lieder gesungen, um vor allem Angsthasen vom Wesentlichen abzulenken. Metaphern nehmen den Kindern die Angst vor dem kühlen Nass. „Gleite durch das Wasser wie ein Fisch“ oder „Pumpe dich voller Luft und halte sie wie ein Ball; der kann auch nicht untergehen“. Auch sehr beliebt ist der Pinguin-Mambo. Durch Übungen dieser Art fällt es den Kindern leichter, sich auf das Medium Wasser einzulassen, abgelenkt durch die jeweilige Aufgabenstellung. Aber auch kleine süße UFOs im Wasser helfen dabei, Atemübungen durchzuführen, damit die Kinder von klein auf lernen, wie sie richtig ein- und ausatmen im Wasser. Denn Schwimmen kann schließlich auch richtig Spaß machen, oder? 

Immer up-to-date 

Der „Kapitän“ leitet nicht nur an, sondern muss sich alle drei Jahre neu qualifizieren und seine Schwimmlizenz verlängern lassen. Dafür nimmt er Reisen quer durch das ganze Land in Kauf. 2022 war Herr Kotte daher in Potsdam für einen Lehrgang, und dieses Jahr war er in Frankfurt unterwegs. Doch als leidenschaftlicher Schwimmlehrer nimmt Hubert diese Strapazen immer wieder gern auf sich – und das Ganze wohl auch noch die kommenden Jahre. Somit bleibt er dem Allgäu hoffentlich noch viele Jahre als Schwimmidol und Trainer erhalten. Chapeau, weiter so!